Ein Leitfaden zum Digital Services Act: Das neue EU-Gesetz soll den großen Tech-Konzernen Zügel anlegen - AlgorithmWatch

2022-10-15 00:18:55 By : Mr. Andy Ma

Was ist der DSA und warum brauchen wir ihn?

Der Digital Services Act (DSA) ist ein neues Regelwerk, das die großen Internetplattformen wie Facebook oder YouTube dazu verpflichtet, mehr gegen die Verbreitung illegaler Inhalte und andere gesellschaftliche Risiken zu tun, die ihre Dienste in der EU zur Folge haben. Wenn sie dagegen verstoßen, drohen ihnen Bußgelder in Milliardenhöhe. Zusammen mit dem Digital Markets Act, dem Schwestergesetz zum DSA, legt es umfassende Bestimmungen fest, die in der der ganzen EU gelten und möglicherweise einen globalen Standard für die Plattformregulierung setzen werden.

Der DSA soll eine Zeitwende einläuten: Bislang haben die Tech-Konzerne sich im Wesentlichen ungehindert selbst reguliert und ihre eigenen Richtlinien dazu festgelegt, wie sie Inhalte moderieren. In ihren „Transparenzberichten“ erklärten sie zwar, welche Maßnahmen sie ergreifen, um zum Beispiel die Verbreitung von Desinformationen zu verhindern. Für Dritte war es aber nahezu unmöglich, solche Erklärungen zu überprüfen. Der DSA verspricht nun, diesen Zustand zu ändern. Die Plattformen müssen über die Funktionsweise ihrer algorithmischen Systeme Auskunft geben und Verantwortung übernehmen, wenn ihre Dienste eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen.

Welche Neuerungen bringt der DSA?

Die endgültige Fassung des DSA ist ein mehr als 300 Seiten langes Rechtsdokument, in dem die komplexen neuen rechtlichen Verpflichtungen für Tech-Unternehmen ausgeführt sind. Außerdem beinhaltet es die Verantwortlichkeiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung dieser Rechtsvorgaben. Dazu gehören:

Welche weiteren Schritte stehen beim DSA an?

Es wird erwartet, dass der DSA im September 2022 formell vom Rat der Europäischen Union angenommen wird. Im Anschluss wird er im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden, zwanzig Tage später in Kraft treten und nach fünfzehn Monaten bzw. zum 1. Januar 2024 (dem späteren der beiden Zeitpunkte) EU-weit anwendbar sein. Für die größten Plattformen und Suchmaschinen, die systemische Auflagen erfüllen müssen, gelten die neuen Regeln bereits früher: Ihnen bleiben vier Monate, um den Vorgaben des DSA nachzukommen, sobald er von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde.

In der Zwischenzeit müssen die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission die nötigen Kapazitäten aufbauen und Personalressourcen schaffen, um den DSA adäquat umsetzen zu können. Jedes EU-Land wird eine*n DSA-Bevollmächtigte*n ernennen – eine unabhängige Aufsichtsperson, die für die Vollstreckung der Gesetze auf kleineren Plattformen verantwortlich sein wird, die in ihrem Heimatland etabliert sind. In ihren Zuständigkeitsbereich fallen außerdem Gesetze, die nicht-systemische Probleme auf den großen Plattformen betreffen. Die Kommission hat angekündigt, ein hochrangig besetztes Europäisches Zentrum für algorithmische Transparenz einzurichten, um die Umsetzung des DSA voranzutreiben.

Da mit dem DSA ein einheitlicher Regulierungsrahmen für Plattformen eingeführt wird, der in der gesamten EU gelten wird, müssen nationale Digitalverordnungen wie Deutschlands NetzDG grundlegend überarbeitet werden, sobald der DSA in Kraft tritt. Über offene Fragen hinaus, die die Durchsetzung des DSA betreffen, sind im DSA noch sehr viele delegierte Rechtsakte, Durchführungsbestimmungen, potentielle Verhaltenskodizes und freiwillige Standards aufgeführt, deren Ausformulierung noch aussteht. Erst wenn das geschehen ist, können bestimmte Aspekte des Gesetzes geklärt werden, etwa die Frage, welche technischen Bedingungen für das Teilen von Daten zwischen Plattformen und externen Forschenden erfüllt sein müssen.

Lesen Sie mehr zu unserer Policy & Advocacy Arbeit zum DSA.