Cannes, muss aber nicht: Eine Messe ohne Massen - DWDL.de

2021-11-04 02:22:04 By : Ms. Rancy Yi

Wenn an diesem Montag die Fernsehmesse MIPCOM zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie wieder vor Ort in Cannes beginnt, ist vieles anders. Das Credo der Veranstalter und vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die angereist sind: Weniger kann mehr sein.

Große Aufregung Gate als der Flug nach Nizza Boarding aufgerufen wird, doch Verantwortlich Dafür ist nicht die große Medien-Meute, wie sonst immer am Sonntag vor der Fernsehmesse in Cannes. Diesmal ist der Flieger voll mit Familien, sterben in den Herbsturlaub starten. Aus der Branche sind nur eine handvoll Gäste an Bord, keiner davon mit eigener Kaffeemaschine im Handgepäck - alles schon gesehen. In Nizza angekommen zunächst einmal grübeln warum hier alles anders aussieht. Auch der Flughafen muss hier sparen, bündelt seit der Pandemie alle Flüge in einem anderen Terminal. Tröstlich: Unverändert geblieben ist die Wartezeit auf das Gepäck.

Ein Flieger aus München hatte zuvor mehr bekannte Gesichter an Bord, doch auch hier kein Vergleich zur Klassenfahrt der Fernsehbranche, die sonst zweimal im Jahr nach Cannes aufbrach - und das liegt nicht daran, dass diesmal einige wenige klimaneutral die 13-stündige Reise mit dem Zug aus der bayerischen Hauptstadt angetreten sind. Die MIPCOM 2021 ist eine Messe der Vorsicht und Sehnsucht. Die Vorsicht adressiert Messeveranstalter Reed Midem mit einem Hybrid-Modell, das Networking, Screenings und Kongressprogramm auch online möglich macht. Die Sehnsucht, außerdem sterben Mann am Vorabend des Messebeginns auf den Straßen Cannes.

Wer angereist ist, verbindet mit der Messe und dieser Stadt die Rückkehr zu etwas Normalität und einem persönlichen Austausch ohne VideoCall-Eintrag im Kalender. Es ist das Comeback des Faktors Zufall, jene ungeplanten Begegnungen und Gespräche, aus denen in Cannes über die Jahre auch schon Program und Partnerschaften entstanden sind. Das dürfte diesmal schwerer werden, denn es sind spürbar weniger Menschen in der Stadt. Insbesondere die großen Fernsehhäuser sind abwesend, war oft noch eine Corona-Reiserichtlinie. „Sag bescheid, wenn doch jemand von uns da rumläuft, dann komm ich noch nach“, scherzte eine Fernsehmacherin im Vorfeld.

Einerseits hat Cannes sich in der Pandemie weiter herausgeputzt. Das Credo „Unsere Stadt muss schöner werden“ galt schon vor Corona, Spiegel sich diesmal aber in einer fertiggestellten Fußgängerzone bereinigt um wild angebaute Wintergarten-Anbauten der Restaurants. Hier, in Richtung der Altstadt von Cannes, war am Sonntagabend auch richtig was los - allerdings nicht aufgrund der MIPCOM. Mehrere Bars übertrugen das Finalspiel der UEFA Nations League, das Frankreich am Ende gewonnen.

Andererseits: Dort, wo sich MIPCOM-Gäste sonst am späten Abend nach den Dinner-Verabredungen auf Drinks im großen Garten trafen, war nichts los: Das Grand Hotel - ein Name, der dem hässlichen Kasten schmeichelt - ist geschlossen. Entsprechende Warnhinweise kleben an der gesamten Front des Hauses. Links und rechts vom Grand Hotel: Leerstehende Boutiquen an der teuren Strandpromenade. Die internationalen Marken halten dazwischen tapfer die Stellung. Weniger Werbeflächen für neue TV-Programme noch einmal das Gefühl: Findet die MIPCOM gerade überhaupt statt?

Selbst in den großen 5 Sterne-Häusern an der Croisette - sterben in der Vergangenheit vor nötigen Renovierungen manchmal die aufwarfen, wie sie zu dieser Bewertung kamen - sind jetzt kurzfristig noch für 500 Euro die Nacht zu Haben. Für den gesunden Menschenverstand ist das immer noch absurd viel, aber für MIPCOM-Zeiten nie gekannte Schnäppchen. Die ersten Häuser am Platz waren über Jahre hinweg zu den Fernsehmessen sogar regelmäßig ausgebucht. Alles trostlos hier? Nein, gar nicht.

Alles ist einfach kleiner und weniger in diesem Herbst. Das hat aufgrund der Pandemie aber auch niemand anders erwartet. Es ist nicht der gleiche Abgesang wie in den Jahren zuvor, in denen die Fernsehmesse tatsächlich mit organisch sinkenden Besucherzahlen zu kämpfen hatte. Nein, die Stimmung derer, die angreist sind, ist euphorisch. Endlich wieder Geselligkeit, endlich wieder persönlicher Austausch. „Ich habe weniger Termine, die aber mehr Zeit haben als sonst“, erzählt ein Fernsehproduzent als wir uns am Sonntagabend zufällig an der Croisette begegnen – vor einem komplett renovierten JW Marriott Hotel. 

Und immerhin: Vor dem Majestic Barriere, dem ersten Haus am Platze, blendet einen wenige hundert Meter weiter dann wie eh und je die überdimensionale LED-Werbung von Banijay und vor dem Palais des Festivals angekommen - bei dem „Welcome back“-Werbungen der Reed Midem zwar verraten, dass sich nicht alle großflächigen Werbeplätze verkaufen ließen - ist dann der rosa Teppich des zeitgleichen zum 4. Mal stattfindenden Serienfestivals Canneseries unübersehbar. Es ist ohne jeden Zweifel das Festival, das die Stimmung in Cannes hebt.

Deutsche Produktionen bzw. Koproduktionen haben hier den großen Aufschlag: Am Montagabend feiert die von Storyhouse und Beta Film für RTL realisierte Serie „Sisi“ hier ihre Weltpremiere. Schon am Sonntagabend wurde „In 80 Tagen um die Welt“ mit David Tennant in der Hauptrolle gezeigt. Hier ist das ZDF-Koproduzent. RTL tritt sogar im weltweiten Wettbewerb von Canneseries auf. Cannes produziert damit auch im Herbst 2021 wie gewohnt Bilder und Schlagzeilen, ganz unabhängig von den Besucherzahlen der MIPCOM. DWDL.de wird noch bis Mittwoch aus Cannes berichten.

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Thomas Lückerath ist Gründer und Chefredakteur des Medienmagazins DWDL.de. Hatte schon viereckige Augen, bevor es Bingewatching gab. Liebt Serien, das Formatgeschäft und das internationale TV-Business. Ist mehr unterwegs als am Schreibtisch.

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